Keep on scrolling – Segen oder Fluch von Social Media im Alltag
Am Morgen dient mir mein Handy als Wecker. Einmal wach, scrolle ich rasch durch Snapchat. Natürlich nicht ohne einen Snap an die engsten Freunde zu senden, schließlich gilt es, möglichst viele Flammen zu erzeugen. Dann rasch einen Blick auf die Wetter-App werfen und schauen, ob ich mich kleidungstechnisch auf Hamburger-Nieselfiesel oder strahlenden Sonnenschein einstellen muss. Beim Frühstück scrolle ich auf dem Smartphone durch meine liebsten Instagram-Accounts und checke nebenbei die neuesten Nachrichten im Klassenchat, bevor ich einen fröhlichen Morgengruß in die Familien-WhatsApp-Gruppe schicke. Mein Finger ist gut trainiert und so scrolle ich weiter und schaue, was meine liebsten Youtuber an diesem Morgen der Welt mitzuteilen haben. Nach diesem morgendlichen Ritual bin ich schließlich fertig für den Start in den Tag. Wie war das nur früher, bevor ich Besitzerin eines Handys war und Social Media noch nicht in meinem Wortschatz vorhanden war? Mein Name ist Leonie und ich besuche die neunte Klasse eines Gymnasiums. Mein Smartphone und der Besuch diverser Social Media-Seiten gehören für mich zum Alltag wie das tägliche Zähneputzen. Was fasziniert mich eigentlich so sehr an Instagram, Snapchat, YouTube und Co.? Und was macht es mit mir? Zunächst einmal sind all diese Seiten äußerst unterhaltsam. Einmal schnell mit dem Finger über das Display gescrollt und man kann überall und jederzeit chatten, spielen, Filme gucken. All das ist ein äußerst vergnüglicher Zeitvertreib und macht einfach Spaß. Darüber hinaus kann ich dank verschiedener Suchmaschinen für die Schule recherchieren und Manches nachschlagen. Wie praktisch! Doch gibt es auch Schattenseiten dieser digitalen schönen neuen Welt. Ich bemerke immer mehr, wie ich mich mit den Mädchen und Frauen auf den Bildern vergleiche. Selbstzweifel steigen immer öfter in mir auf und ich betrachte kritisch mein Aussehen. „Macht mich Social Media vielleicht kaputt?“, frage ich mich immer öfter. Ja, ich liebe es, mich durch ein unendliches Angebot an Inspirationen zu scrollen und neue Ideen zu finden.
Außerdem helfen mir die Lernvideos aus dem Internet wirklich und ich kann zum Üben für Tests und Klassenarbeiten nicht nur zahlreiche Übungen und Aufgaben herunterladen, sondern dank YouTube nun auch die PQ-Formel singen. Wer hätte das gedacht! Meiner Meinung nach kann man wirklich viel Spaß bei der Nutzung von Social Media haben. Doch die Schattenseiten dieser glitzernden, fotogeshoppten und fein gefilterten Social-Media-Welt dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Praktisch jeder kann heute an unserem Privatleben teilhaben. Wir sind zudem immer und jederzeit erreichbar. Wer nicht aufpasst, gibt vielleicht unbeabsichtigt seinen Aufenthaltsort und Einblicke in sein Privatleben preis. Was, wenn Kriminelle mitbekommen, dass ich im Urlaub bin und dann bei uns einbrechen? Und dann ist da auch noch die Sache mit der Abhängigkeit. Mein Finger scrollt schnell –und manches Mal viel zu oft und zu lange! Social Media kann uns abhängig machen. Oft ist man „wie im Tunnel“, bekommt von der realen Welt kaum noch etwas mit und vernachlässigt nicht nur die Schule, sondern auch die „echten“ Menschen im „wahren“ Leben. Zudem gibt es auch immer wieder „Cybermobbing“ im Internet.
Das heißt, dass es im Netz zu Beleidigungen, Beschimpfungen der eigenen Person sowie aufdringlichem Verhalten kommen kann. Wie man sich dagegen schützt, wird Jugendlichen meiner Meinung nach viel zu wenig vermittelt. Wenn ich auf Seiten wie beispielsweise Instagram unterwegs bin, strahlen mir perfekt aussehende Menschen im perfekten Licht mit perfekten Körpern in einer perfekten Umgebung entgegen. Wenn ich scrolle und die Posts und Hashtags unter den Bildern lese, steht da natürlich immer etwas absolut Tolles, Aufregendes und Gutes. Was für eine perfekte Welt. Ich bemerke, wie ich mich immer mehr mit diesen Menschen vergleiche und mein Selbstwertgefühl immer geringer wird. Sind meine Posen cool? Halte ich mich an atemberaubenden Orten auf? Sind meine Hashtags kreativ und witzig? Ich schaue genau hin und entdecke: es ist nicht alles Gold, was glänzt! Nicht alles, was uns Influencer und YouTuber zeigen, ist so perfekt, wie es auf den ersten Blick scheint. Hier ist etwas gefiltert, da etwas retuschiert. Denn heutzutage wird kein Bild unbearbeitet online gestellt. Und spontan entstehen diese Fotos schon gar nicht! Mit Bearbeitungs-Apps kann man Gesichter und die Figur „optimieren“, Flecken und Unerwünschtes retuschieren und die Helligkeit verändern. Den Followern wird eine Scheinwelt vorgegaukelt. Meiner Meinung nach ist das ziemlich falsch und ich denke, dass man sich so präsentieren sollte, wie man wirklich ist! Denn schließlich ist jeder auf seine Art etwas Besonderes. No filter needed! Ja, es macht Spaß, Tipps, Tricks und Inspirationen aus dem Internet zu gewinnen. Aber ich denke, dass die Nachteile und Gefahren der Social Media-Welt überwiegen. Ich nehme mir daher vor, künftig gut zu prüfen, was ich im Internet wem preisgebe, denn das Internet vergisst nichts! Für die Zukunft bedeutet das, meinen Fingern öfter längere Pausen zu gönnen, weniger zu scrollen und mir selber hin und wieder eine Social Media-Pause zu verordnen. Dann bewege ich mich nicht mehr überwiegend in einer gefiltert gefakten Scheinwelt, sondern unter meinen echten, realen Freunden! Welch ein Segen!
Leonie Strelecki