Wie praktische Arbeit als Naturwissenschaftler aussehen kann, erfuhr das Life Science Profil (SII) zusammen mit Mitgliedern der Fledermausgruppe während eines dreitätigen Fledermausprojekts aus nächster Nähe.
Unter der Anleitung des Diplombiologen Frank Schulze, der Betreuung von Herrn Maaß und Herrn Pampel sowie der Organisation durch Emma Hilgenstock, wurde dieses in Kooperation mit dem NABU Hamburg vom 09.06.–11.06.21 durchgeführt. Neben einem verstärkten Bewusstsein für die Fledermäuse und generelle Artenvielfalt in unserer unmittelbaren Natur, bekamen wir während des Projekts Einblicke in den Forschungsalltag eines Biologen und lernten zusätzlich die gesetzlichen Grundlagen bezüglich des Artenschutzes kennen.
Nach einer generellen Einführung in die vierzehn in Hamburg heimischen Fledermausarten, befassten wir uns am Mittwoch Vormittag zunächst mit der Echoortung der Fledermäuse, die es ihnen ermöglicht, sich nachts problemlos zurechtzufinden. Da die von Fledermäusen ausgestoßenen Ultraschall-Schreie, mit Ausnahme des Großen Abendseglers, nicht vom menschlichen Ohr gehört werden können, bedienen sich die Forscher der Schalldetektoren, welche die Hochfrequenztöne hörbar machen, die sich von Art zu Art unterscheiden.
Mithilfe dieser Geräte stapften wir also Mittwochnacht in Kleingruppen durch das Naturschutzgebiet an der Mellingburger Alsterschleife und detektierten erfolgreich vier verschiedene Fledermausarten. Diese unterscheiden sich unter anderem in ihren Frequenzen. Zusätzlich nahmen wir ebenfalls an einem Wasserlauf und weiteren gezielten Standorten Geräusche auf und erhofften uns, die vorbeifliegenden Fledermäuse zu erwischen.
Mit leichtem Schlafentzug, wie sich das eben für das Forscherleben gehört, trafen wir uns am nächsten Morgen wieder in der Schule, wo wir die vom Vortag aufgezeichneten Schreie nun detailliert klassifizieren und den Fledermausarten zuordnen konnten. Dabei unterschied sich beispielsweise das für den Großen Abendsegler typische „plip plop“ vom „blubbern“ der Zwergfledermaus. Aber vor allem die optischen Merkmale der Frequenz, d.h. Start- und Endfrequenz sowie Rufabstände und Frequenzverlauf, sind bei der Klassifizierung von Fledermäusen ausschlaggebend.
Im Anschluss daran führte uns Frank bzw. Herr Schulze in die juristischen Grundlagen hinter dem Artenschutz ein. Dabei dürfe beispielsweise ein Bauunternehmen während seines Vorhabens geschützte Arten und deren Lebensraum weder töten noch stören oder zerstören, was uns als Vorbereitung für das am Freitag geplante Planspiel diente.
Zunächst ging es am Donnerstag Abend gegen 22 Uhr aber erstmal wieder ins Naturschutzgebiet, wo wir bis zur Dämmerung mit Hilfe eines weiteren Biologen sowie Privatpersonen sechs Fledermausnetze aufbauten, mit der Mission, die Fledermäuse einzufangen und zu vermessen.
Damit unser Vorhaben nicht unnötig war, sollten die Fledermäuse nach Fang offiziell nach bestimmten Kriterien vermessen werden, welche in die aktuelle „Datenbank der Fledermausforschung“ miteingehen. Nach stetigem Kontrollgang ging ziemlich früh eine Fledermaus ins Netz, jedoch blieb es auch bei dieser einen kleinen Zwergfledermaus.
Dennoch kann ich als Anwesende sagen, dass der Anblick der Fledermaus sehr bewegend war und alle für einen Moment lang den Atem anhielten.
Am Freitag neigte sich unser Projekt auch schon dem Ende zu und bis auf einen verstauchten Knöchel und eine astronomische Anzahl an Mückenstichen hatten wir keine Verluste zu vermelden, was die teils anfänglich geäußerten Bedenken, von einer Fledermaus oder gar einem Vampir ausgesaugt zu werden, entkräften konnte.
Das zum Abschluss angesetzte Planspiel handelte von der Bauplanung für Windkraftanlagen und stellte sich nach Auseinandersetzung mit zahlreichen Artenschutzgesetzen schwieriger als gedacht heraus. Dabei nahmen die Schüler die Positionen der Investoren, Gutachter sowie der Regierung ein. Erstere waren um einen möglichst profitablen Bau ihrer Windkraftanlagen bemüht, mussten jedoch auch auf beheimatete Arten wie die Fledermäuse oder Raubvögel, die unter den Artenschutz fallen, Rücksicht nehmen, weshalb sie sich potenzielle Bauflächen von den Gutachtern prüfen lassen mussten. In einem letzten Schritt musste nun die Regierung genehmigen, ob die Gutachten den offiziellen Standards entsprachen und alle notwendigen Kriterien zur Einhaltung des Artenschutzes angewendet wurden und durften ggf. die Anträge ablehnen. Auch Herr Pampel, welcher die Führung eines Umweltverbandes vertrat, versuchte, jedoch ohne Erfolg, das Bauprojekt zu stoppen. Letztendlich gelang es den Investoren mit ganzen zwei Windkraftanlagen dennoch einen enormen Profit zu erzielen. Diese durften guten Gewissens gebaut werden, da sie alle Prüfungskriterien erfüllten.
Abschließend kann ich im Namen aller beteiligten Schüler und Schülerinnen sagen, dass das Fledermausprojekt trotz Mückenstichen sowie Arbeit bis in die Nacht ein voller Erfolg war, welches neben den lehreichen Aspekten auch noch eine Menge Spaß gemacht hat. Bedanken wollen wir uns zudem bei allen Beteiligten, vorneweg Frank Schulze sowie auch Emma Hilgenstock, ohne die das Projekt gar nicht zustande gekommen wäre. Ebenfalls danken wir Herrn Maaß und Herrn Pampel sowie dem NABU Hamburg.
Wer jetzt nach dem Lesen des Artikels auch Lust auf praktische naturnahe Arbeit hat, dem empfehle ich die zahlreichen AG Angebote am GOA, die von der Bienen- und Fledermaus- bis Klimaschutz-AG reichen, wobei letztere auch zukünftig in Kooperation mit NABU Hamburg im Naturschutzgebiet an der Mellingburger Schleuse aktiv sein wird.
Liv Arnold, SII