Liebe Schülerinnen und Schüler,
es ist Montag, 9.30 Uhr. Frau Wecker und ich schauen aus den Fenstern im Schulbüro. Sie am rechten Fenster, ich am linken Fenster, Abstand muss sein: Der Schnee fällt sacht auf das GOA-Gelände. Die Rasenfläche und die Sonnenbank sind wie von einer Schicht Puderzucker bedeckt: Wunderschön.
Wunderschön, aber doch trostlos und leer. Ihr fehlt. Schmerzhaft wird uns vor Augen geführt, dass ihr nicht da seid: Es gibt keinen Gong um 9.30 Uhr, keine Schneeballschlachten, keine lachenden Schülerinnen und Schüler, keine „Pflaster“ auf kleine Wunden zu verteilen, keine Franzbrötchen zu verkaufen, keine kleinen Rangeleien zu schlichten, keinen Fußball vom Dach zu holen und auch keine Mottowoche.
Auch alle Lehrerinnen und Lehrer vermissen euch: Uns fehlt der persönliche Kontakt mit euch, eure Kreativität im Unterricht, das Ringen um Lösungen, das gemeinsame Lernen, Lachen und manchmal auch Streiten.
Wir versuchen, euch bestmöglich mit Arbeitsmaterial zu versorgen, geben Rückmeldungen zu Unterrichtsinhalten und nehmen auch persönlich Kontakt mit euch auf. Aber glücklich sind wir damit alle nicht.
Ich weiß, dass auch euch diese notwendige Distanz nervt. Aber es ist derzeit sehr wichtig, dass wir uns alle an die Abstandsregeln außerhalb der Familie halten. So schützen wir alle Mitglieder der Gesellschaft, nicht nur euch, sondern auch eure Großeltern und Freunde. So ähnlich haben das auch eure Schulsprecher geschrieben.
Was könnt ihr tun? / Was hilft euch?
Die Schulsprecher haben euch ja bereits ein paar Tipps für die Freizeit gegeben: Vom virtuellen Skypen, über Brettspiele, Sport machen bis zu „Großeltern anrufen“. Als Ergänzung möchte ich hinzufügen: „Gutes tun“. Wir mussten leider das Sozialpraktikum in den 10. Klassen (im Juni) absagen. Aber ich bin sicher, dass wir als Schulgemeinschaft im Laufe der nächsten Wochen viele gute Ideen sammeln, mit denen wir andere, denen es nicht so gut geht, unterstützen. Solidarisch ist es uns bereits gelungen, dass viele von euch technische Unterstützung in Form z.B. eines Leih-Laptops erhalten haben.
Falls ihr Ideen habt wo wir helfen können, schreibt diese an euer Schulsprecherteam oder auch direkt an mich. Wir werden diese im Laufe der nächsten Woche bündeln und schauen, wen wir wie als Gemeinschaft ggf. unterstützen können.
Was macht ihr bereits toll?
Wir sind begeistert, mit wieviel Energie und Engagement ihr die Arbeitsaufträge erledigt, ihr um die richtige Antworten ringt, wie es euch gelingt – gelegentlich unterstützt durch eure Eltern – euch zu motivieren und selbst zu organisieren. Große Anerkennung dafür!
Viele von euch haben das richtige Maß an „Struktur“ bereits gefunden: „Wann mache ich Mathe?“, „Wann führe ich einen Video-Call, um mit meinem Schulfreund Englisch zu besprechen?“, …. Ein Wochenplan, zumindest ein Tagesplan ist dabei sehr hilfreich.
Wie geht es weiter?
Die dritte Woche der Corona bedingten Schulschließung hat begonnen. Ich erlebe viel Engagement und Umsicht, viel positiven Geist, viel Zuspruch und Zuversicht von Lehrerinnen und Lehrern, von euren Eltern und von euch! Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir, vertrauend auf unsere Stärken, diese schwierige Zeit gemeinsam gestalten und gut überstehen.
Und eine Bitte habe ich noch: Versucht, euch auch in die Situation eurer Eltern und Geschwister hineinzuversetzen: Wir alle sind gestresst, da hilft es – bevor man kritisiert, meckert, sich beschwert – tief Luft zu holen und darüber nachzudenken, was einem im Leben wirklich wichtig ist.
Vertrauen wir auf unsere Menschlichkeit! Wir halten räumlich Abstand, nie aber menschlich, nie emotional.
Herzliche Grüße
Martin Widmann
Schulleiter GOA