Homeoffice für Schüler – Traum oder Alptraum?
Leonie Strelecki
Länger schlafen, variabler Unterrichtsbeginn und Pausen, wann immer man sie benötigt und wann einem danach zumute ist! Welcher Schüler und welche Schülerin hat nicht schon einmal davon geträumt, den Schulunterricht im heimischen „Office“ zu absolvieren?
Homeoffice, d.h. das flexible Arbeiten von Zuhause aus, kannte man bislang als Schüler oder Schülerin höchstens von den Eltern. Zuhause bleiben, gemütlich und ausgedehnt frühstücken und dann in Jogginghose – vielleicht sogar im Bett – seine Aufgaben und Übungen erledigen: Für viele war das sicherlich ein Zustand, von dem sie bislang nur träumen konnten. Ein Wunsch, der bis vor wenigen Wochen unerfüllbar schien. Doch dann kam das Coronavirus in unseren Alltag, und damit kam alles anders. So anders, wie es sicher niemand jemals erwartet hätte. Denn seit Freitag, dem 13. März 2020, hat die Schulbehörde für ganz Deutschland diesen vermeintlichen Traum wahr werden lassen. Und so hängen seit Tagen überall im Land Zettel an den Schulen, dass diese bis auf Weiteres geschlossen werden. Covid-19, das Coronavirus, das Anfang Dezember in China entdeckt und diagnostiziert wurde, hat nicht nur Deutschland, sondern die ganze Welt im Griff. Innerhalb kürzester Zeit hat sich das Virus weltweit ausgebreitet, so dass sich schon tausende Menschen mit ihm infiziert haben. Und so kommt es, dass ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung sowie alle Schüler aufgrund der weltweiten Pandemie im Homeoffice sitzen.
Und so heißt es auch für mich, seit Anfang der Woche Zuhause zu bleiben. Ist das jetzt der Traum, den auch ich manchmal insgeheim geträumt habe? Ist die Alternative Homeoffice für Schüler wirklich erstrebenswert? Vor meinem inneren Auge sah ich mich entspannt am Schreibtisch sitzen und in aller Ruhe ein paar Aufgaben bearbeiten. Ganz ungestört und ohne Nebengeräusche und dem quirligen Geschnatter, was oft in einer Klasse mit 27 SchülerInnen herrscht. Aber eben auch ganz ohne Geschnatter. Denn hier bemerke ich die erste Schattenseite meines einstigen Traums: Im Homeoffice gibt es gar kein Geschnatter, da es hier niemanden mehr zum „Schnattern“ gibt. Zumindest nicht von Angesicht zu Angesicht. Das fühlt sich komisch an.
Zudem wurde mir schnell klar, dass es nicht nur darum ging, sich Aufgaben von Lehrern herunterzuladen und Übungen aus dem Internet zu bearbeiten, sondern auch darum, deutlich selbstständiger zu arbeiten, sich gut zu organisieren und noch mehr Verantwortung für seine Schulsachen zu übernehmen. Eigenschaften, die ein Schüler auch im normalen Alltag stets beherrschen sollte, aber in der Stille des Homeoffices bemerke ich, dass man sich in Ermanglung des gewohnten Geschnatters nicht nur hin und wieder ein Gefühl der Einsamkeit einstellen kann, sondern die Vielzahl der Aufgaben und Übungen, die über die Online-Plattform der Schule auf meinen heimischen Schreibtisch flattern, koordiniert und zeitlich bewältigt werden wollen. Ich muss zugeben, dass ich mir das in meinen Träumen entspannter vorgestellt habe!
Dennoch denke ich, dass das Arbeiten im Homeoffice zwar viel Anstrengung bedeutet, aber für uns Schüler auch eine große Chance sein kann, die oben bereits genannten Fähigkeiten wie Eigenverantwortung, Selbstständigkeit und Organisationsvermögen zu fördern.
Für mich waren die ersten fünf Tage „Homeschooling“ eine völlig neue Erfahrung. Ich konnte schon in diesen Tagen erste Vor- und Nachteile einer solchen Art von Unterricht ausmachen.
Einerseits denke ich, dass der Unterricht daheim einige positive Aspekte mit sich bringt. Beispielsweise muss ich nicht schon um halb sieben aufstehen, mich anziehen, etwas frühstücken und pünktlich um acht in der Schule sein. Ich habe die Möglichkeit – wie einst erträumt – länger zu schlafen, mein Frühstück zu genießen und meine Kleidung ganz nach dem Gesichtspunkt der Bequemlichkeit zu wählen. Des Weiteren kann ich in meinem eigenen Tempo arbeiten und bin unabhängig von Lehrern und Mitschülern. Außerdem kann ich mir das Lernen und die Aufgaben nach meinen eigenen Bedürfnissen aufteilen.
Auf der anderen Seite kann ich mir gut vorstellen, wieder in die Schule zu gehen und dort meinen Schulalltag zu verbringen. Beispielsweise merke ich, dass Partner- oder Gruppenarbeit nicht nur mehr Spaß machen, sondern auch effektiver sein können, als alleine vor seinen Aufgaben zu sitzen. Zudem ist die Chancengleichheit ein großer Aspekt, der nicht vergessen werden darf. Häufig bekommen Schüler und Schülerinnen Hilfe und Unterstützung von ihren Eltern. Doch das ist nicht in jedem Elternhaus der Fall. Die Gleichberechtigung sinkt und die Schüler verlieren dadurch eventuell ihre Motivation und den Spaß am Lernen. Außerdem fällt es mir leichter, den Lernstoff zu verstehen, wenn er mir von einem Lehrer persönlich erklärt wird und ich direkt Fragen stellen kann. Hinzu kommen die bereits erwähnten fehlenden sozialen Kontakte und eine drohende Ablenkung. Ist die Alternative zum Unterricht in der Schule also ein Traum, d. h. erstrebenswert oder eher ein Alptraum?
Abschließend kann ich sagen, dass ich dem häuslichen Lernen durchaus viel Positives abgewinnen kann, da ich nicht von anderen Personen abhängig bin und durch Störungen oder etwa eine laute Geräuschkulisse während der Schulstunden abgelenkt werden kann. Ich finde daher, die „Corona-Pause“ bringt eine große Chance mit sich, die Selbstständigkeit der Schüler zu fördern und auszubauen. Von einem „Traum“ kann ich in Anbetracht meiner Homeoffice-Situation dennoch nicht sprechen, da mir die täglichen Kontakte und der direkte Austausch mit meinen Schulfreunden schon sehr fehlen. Und auch, wenn die Variante Homeschooling aufgrund diverser Annehmlichkeiten keinen wirklichen Alptraum darstellt, wünsche ich mir natürlich, dass das Virus so schnell, wie es gekommen ist auch wieder verschwindet. Doch bis dahin lebe ich unter dem Hashtag #Stayathome und mache meine Schularbeiten vorerst Zuhause in meinem Homeoffice.