Freitag, den 24. September: Das Gymnasium Oberalster wurde von der Zeitzeugin Helga Melmed und ihrer Familie besucht. Dafür reiste die 93-Jährige von Florida nach Hamburg.
Die Aula des Gymnasiums Oberalster füllte sich zunehmend. Anwesend waren die Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 10 sowie die Geschichtskurse aus Klassen 11 und 12. Die anfänglichen Unterhaltungen der Schülerinnen und Schüler verstummten abrupt, als Frau Melmed von der Zeitzeugen-Organisation vorgestellt wurde. Sofort hüllt sich ein Schleier aus Demut und Aufmerksamkeit um die Schüler, die gespannt den emotionalen Berichten Frau Melmeds zuhörten.
Helga Melmed wurde 1928 in Berlin geboren. Sie lebte zusammen mit ihren Eltern, die ebenfalls in Berlin geboren wurden. Allerdings entsprach Familie Melmed laut dem Reichsbürgergesetz von 1935 jüdischer Abstammung. Sie beschrieb sich als glückliches Kind, welches Freude an der Schule hatte, bis sie im Alter von sechs Jahren von nationalsozialistischen Lehrern beschimpft wurde. Aufgrund zunehmend steigender Schikane, wechselte sie auf eine jüdische Schule. Ebenfalls in dem neuen Bildungsinstitut sei sie eine glückliche Schülerin gewesen, erinnert sie sich. Doch im Jahr 1938 überfielen nationalsozialistische Soldaten die Schule und verbrannten jegliche Bücher und Lektüren.
Der erste direkte Kontakt der Familie Melmed mit den nationalsozialistischen Truppen ereignete sich 1941: „Es klopfte nachts an der Tür und die Soldaten schrien, dass wir 20 Minuten Zeit hatten, uns umzuziehen“, erinnerte sich Frau Melmed. Die Soldaten riefen: „Wir bringen euch zu einer besseren Welt“. Diese „bessere Welt“ war das Ghetto Łódź in Polen. Vor Ort waren tausende Menschen jüdischen Glaubens, die ebenfalls wie die Melmeds, aus Berlin stammten. An dieser Stelle wurde Frau Melmed besonders emotional, als sie von dem Tod ihrer Eltern berichtete. Sie kämpfte mit den Tränen und auch im Publikum konnte man Schülerinnen und Schüler mit feuchten Augen beobachten. Nach ihrem Aufenthalt in Łódź, wurde sie zum Konzentrationslager Auschwitz gebracht. Ein Ort voller Düsternis, Schauer und Kälte. Nach harter Zeit in Auschwitz und Neuengamme, wurde Frau Melmed nach Sasel/Poppenbüttel gebracht. Hier stand das Außenlager des KZ-Neuengamme. Kurz vor dem Kriegsende 1945 wurde Helga Melmed nach Bergen-Belsen gebracht, wo sie schließlich auch befreit wurde. Nach dem Krieg wurde Frau Melmed in Schweden in einem Krankenhaus versorgt und reiste schließlich nach Amerika, um zu ihrer Tante zu gelangen. Diese hatte sie zuvor mit Hilfe einer Organisation gefunden und kontaktiert. Nach einem erfolgreichen Highschool-Abschluss in New York, arbeitete sie als Krankenschwester in Philadelphia, wo sie auch ihren späteren Ehemann kennen gelernt hat. Zusammen wurden Sie Eltern von vier Kindern. Heute ist Frau Melmed 93 Jahre alt, Witwe, Mutter sowie Großmutter.
„Es ist beeindruckend, wie Frau Melmed mit einem solch emotionalen, schwerwiegenden Thema so professionell agieren und verständlich überliefern kann“, so Maximilian Stabenow (S1). Nach ihrem persönlichen Vortrag durften die Schülerinnen und Schüler noch zusätzliche Fragen stellen. Diese wurden von Frau Melmed en détail beantwortet. Als der Vortrag sich dem Ende nährte, merkte man den Schülerinnen und Schülern ihre Betroffenheit und Dankbarkeit an, einen so lehrreichen Vortrag hören zu dürfen. Die Aula fühlte sich bedrückt und fasziniert an von der berührenden Lebensgeschichte Frau Melmeds. Diese appellierte zum Schluss nochmals an die Anwesenden, dass ein solch grauenvolles, menschenverachtendes Ereignis niemals in Vergessenheit geraten darf und dass man aus der Vergangenheit lernen soll.
Jan Moog